Deutschunterricht in Rumänien

Deutsch für alle

 

Das deutsche Schulwesen verfügt in Rumänien über gewachsene Strukturen, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Das Angebot von Unterricht in deutscher Sprache wird auch von der Mehrheitsgesellschaft gerne angenommen.

 

Im Schuljahr 2014/2015 wurden 251 deutschsprachige Gruppen in Kindergartengruppen von über 6.000 Kindern besucht, etwa 17.000 Schülerinnen und Schüler lernten auf Deutsch in 84 Schulen im gesamten Land. Heute geben etwa 90 Prozent der Schüler an deutschen Schulen Rumänisch als Muttersprache an, fünf Prozent Deutsch, die übrigen vor allem Ungarisch.

 

Die berühmtesten deutschen Schulen in Siebenbürgen sind das Samuel-von-Brukenthal-Gymnasium (1380 erstmals urkundlich erwähnt) in Hermannstadt/Sibiu, das Honterus-Gymasium in Kronstadt/Braşov (1541 erste Erwähnung) und die Bergschule (1522 erstmals urkundlich erwähnt) –offiziell Josef-Haltrich-Lyzeum – in Schäßburg/Sighişoara. Diese befindet sich auf der als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannten Burg, zur Schule führt eine überdachte Schülertreppe mit 172 Stufen. Die wichtigste Schule im Banat, dem Siedlungsgebiet der Banater Schwaben, ist das Nikolaus-Lenau-Lyzeum (gegründet 1870) in Temeswar/Timişoara. Die Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj-Napoca ist die einzige dreisprachige Hochschule in Südosteuropa. Hier wird auf Rumänisch, Ungarisch und Deutsch gelehrt.

Der Namensgeber Baron Samuel von Brukenthal war zwischen 1777 und 1787 Gouverneur des Fürstentums Siebenbürgen und vermachte dem Gymnasium nach seinem Tod bedeutende Schenkungen. Bis 1990 wurde auf ... mehr

Der Namensgeber Baron Samuel von Brukenthal war zwischen 1777 und 1787 Gouverneur des Fürstentums Siebenbürgen und vermachte dem Gymnasium nach seinem Tod bedeutende Schenkungen. Bis 1990 wurde auf Deutsch unterrichtet.
© Wikipedia, 2007, Karin1992

Weltkulturerbe

Rettet die Kirchenburgen!

 

Die Kirchenburgen Siebenbürgens zählen zu den eindrucksvollsten Zeugnissen mittelalterlicher Baukunst in Europa. Heute existieren noch über 150 dieser Wehrkirchen. Ihren Erbauern und nachfolgenden Generationen boten sie Schutz in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen. Mauern, Wehrtürme und Schießscharten dienten der Abwehr von Feinden. Umfangreiche Speicherräume und große Innenhöfe boten Platz für die Bevölkerung, Vorräte und Vieh.

 

Die Siebenbürger Sachsen wurden von den Königen Ungarns zur Sicherung vor feindlichen Einfällen an der Grenze angesiedelt. Auch in anderen Teilen Europas gibt es Kirchenburgen, aber nirgends ist ihre Zahl und Dichte so hoch. Sieben Kirchenburgen gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO.

 

Doch ihre zukünftige Nutzung ist ungeklärt. Seit dem Wegzug der Mehrheit der Siebenbürger Sachsen ab 1990 stellt sich der Erhalt und Unterhalt der evangelischen Gotteshäuser für die verbliebenen Gemeindemitglieder als problematisch dar. Hilfe aus dem Ausland und sanfter Tourismus tragen zu dem Erhalt der Kirchenburgen bei. Prominentester Unterstützer ist der englische Thronfolger Prinz Charles.

Die Ruine der ehemaligen Zisterzienserabtei in Kerz/Cârţa. Das Kloster gehörte zu den östlichsten Zisterzienserklostern Europas.
© Demokratisches Forum der Deutschen, 2016

Die Ruine der ehemaligen Zisterzienserabtei in Kerz/Cârţa. Das Kloster gehörte zu den östlichsten Zisterzienserklostern Europas.
© Demokratisches Forum der Deutschen, 2016

Deutschsprachige Medien

Echo und Akzente

 

Die Allgemeine Deutsche Zeitung (ADZ) ist die Tageszeitung der deutschen Minderheit in Rumänien, die Nachfolgerin der 1949 gegründeten Tageszeitung Neuer Weg. Sie erscheint seit 1993 täglich außer sonntags und montags und ist die einzige deutsche Tageszeitung in Osteuropa. Wochenbeilagen sind die Banater Zeitung und die Karpatenrundschau. Neben der Printausgabe betreibt die ADZ einen umfangreichen Auftritt im Internet. Herausgeber ist das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR). Redaktionssitz ist die rumänische Hauptstadt Bukarest. Korrespondenten sind in Hermannstadt/Sibiu, Temeswar/Timişoara, Kronstadt/Braşov, Reschitza/Reşiţa und Sathmar/Satu Mare tätig – Städte, in denen eine größere deutsche Minderheit existiert.

 

Als Printmedien haben auch die Hermannstädter Zeitung (1968 gegründet) und die ehrenamtlich erstellte Monatsschrift Echo der Vortragsreihe Bedeutung. Letztere erscheint seit Februar 1990 und hatte seither 97 Sonderbeilagen. Sie wird vom Kultur- und Erwachsenenbildungsverein Deutsche Vortragsreihe Reschitza herausgegeben, in deren Rahmen der Berglanddeutsche Erwin Josef Ţigla neben Vorträgen zu kulturellen und politischen Themen auch Kulturevents organisiert.

 

Ferner gehören zur deutschsprachigen Medienlandschaft die deutsche Sendung Akzente im rumänischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen, eine deutschsprachige Radiosendung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie einige regionale Radiosendungen.

 

Wurzeln und Dialekte

Deutsche Vielfalt

 

Die deutsche Minderheit in Rumänien zeichnet sich durch eine große Vielfalt an Untergruppen aus. Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben, Sathmarschwaben, Landler, Deutsche Süd- und Ostrumäniens (so genannte „Altreichdeutsche“), Zipser, Bergland-, Buchenland- und Dobrudschadeutsche zogen aus den verschiedensten deutschsprachigen Gebieten und zu unterschiedlichen Zeiten in Siedlungsgebiete im heutigen Rumänien.

 

Aus der lateinischen Sammelbenennung Saxones entstand der Name Siebenbürger Sachsen für die ersten deutschsprachigen Siedler, die sich im 12. Jahrhundert in Siebenbürgen niederließen. Der größte Zuzug an Siedlern aus Regionen im Westen und Süden des heutigen Deutschlands erfolgte zu Beginn des

18. Jahrhunderts in die Banater Ebene. Diese Siedler tragen den Namen Banater Schwaben.

Neben diesen beiden größten Gruppen existieren in Rumänien kleinere deutschsprachige Gruppen mit eigener Kultur und Tradition. Die Pflege der regionalen Dialekte, des Brauchtums und der musikalischen Traditionen erfährt nach der vermehrten Auswanderung in den 1980er und 1990er Jahren eine Wiederbelebung und ist eine Besonderheit im neuen Europa.

 

Karte der Siedlungsgebiete
© Demokratisches Forum der Deutschen

Karte der Siedlungsgebiete
© Demokratisches Forum der Deutschen

Bekannte Gesichter

Stefan Walter Hell (*23. Dezember 1962 in Arad, Banat, Rumänien) ist ein rumäniendeutscher Physiker und Hochschullehrer. Er wuchs im mehrheitlich deutschsprachigen Dorf Sanktanna/Sântana auf.

In Temesvar/Timişoara besuchte er das deutsche Nikolaus-Lenau-Lyzeum, in welchem Herta Müller Anfang der 1980er als Lehrerin tätig war. 1978 siedelt die Familie nach Deutschland über.

 

Seit 2002 ist er Direktor für biophysikalische Chemie am Max-Planck-Institut in Göttingen.

Für seine Arbeit zur Entwicklung der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie wurde ihm 2014 gemeinsam mit Eric Betzig und William Moerner der Nobelpreis für Chemie verliehen.

 

 

Herta Müller (*17. August 1953 in Nitzkydorf/Nițchidorf, Banat, Rumänien) wuchs als Tochter von Banater Schwaben in einem deutschsprachigen Dorf in der Region Temeswar/Timișoara auf.

 

1987 reiste sie aufgrund von Repression und einem Publikationsverbot durch den rumänischen Geheimdienst Securitate nach Berlin aus. In Werken wie Niederungen (1982), Reisende auf einem Bein (1989), Der Fuchs war damals schon der Jäger (1992) oder Atemschaukel (2009), setzt sie sich u.a. mit persönlichen Erfahrungen und Folgen des kommunistischen Regimes unter Nicolae Ceaușescu auseinander. Für ihr Gesamtwerk erhielt sie 2009 den Nobelpreis für Literatur.

 

 

Peter Maffay (*30. August 1949 in Kronstadt/Brașov, Volksrepublik Rumänien) ist ein deutscher Musiker und Produzent aus einer siebenbürgisch-sächsisch und ungarndeutschen Familie. Erste musikalische Schritte machte er kurz nach der Umsiedlung der Familie 1963 nach Deutschland mit seiner ersten Band

The Beat Boys. Zunächst Schlagersänger, entwickelte er sich in den 1980er Jahren zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen (Blues-)Rock- und Popmusiker.

 

Sein soziales Engagement u.a. für Kinder in Not zeigt sich beispielsweise in der Märchen- und Zeichentrickfigur Tabaluga, die er gemeinsam mit Rolf Zuckowski und Gregor Rottschalk und verschiedenen angegliederten Stiftungen erdachte. 2015 wurde Peter Maffay zum Ehrenbürger und Kulturbotschafter der Stadt Kronstadt/Brașov ernannt.

Herta Müller
© dontworry/CC BY-SA 3.

Herta Müller
© dontworry/CC BY-SA 3.